Sprunggelenksprothese

Für Patienten mit schmerzhaft zerstörten Sprunggelenken, zum Beispiel aufgrund von Gelenkverschleiß oder rheumatischen Erkrankungen, ist das Kunstgelenk (Endoprothese) heute eine ernstzunehmende Alternative zu gelenkversteifenden Operationen (Gelenkfusionen). Voraussetzung ist, dass der Zustand der Knochen und Weichteile des Sprunggelenks den Einsatz einer Endoprothese erfolgversprechend zulässt.

In den letzten 15 Jahren wurden entscheidende Fortschritte im Hinblick auf das Design und die Technik der Sprunggelenksprothetik erreicht. Der Einsatz von Endoprothesen am oberen Sprunggelenk rückt zunehmend in den Versorgungsschwerpunkt, da mittlerweile sehr gute 10-Jahresergebnisse erreicht werden können und zudem unter Umständen auch die Möglichkeit eines Prothesenwechsels oder einer nachträglichen operativen Versteifung des Gelenks (Arthrodese) besteht.

Auch wenn die Gelenkversteifung weiterhin in den orthopädisch-chirurgischen Lehrbüchern als Methode der Wahl empfohlen wird, so ist dieses Operationsverfahren keinesfalls immer erfolgreich. Zahlreiche Studien belegen, dass im mittelfristigen Verlauf mit erheblichen Problemen nach Sprunggelenksfusionen zu rechnen ist. Für den Patienten bedeutet die Gelenkversteifung eine langwierige Genesungszeit, die je nach Versteifungsverfahren zwischen drei und acht Monaten betragen kann. Die weiteren Nachteile liegen in der erhöhten mechanischen Belastung der Nachbargelenke mit möglichen Verschleißfolgen (Arthrosen), dem nicht unerheblichen Pseudarthroserisiko (Falschgelenkbildung) in bis zu 35 Prozent der Fälle, sowie dem Risiko einer Infektion, welches bei drei bis 25 Prozent liegt. Auch verbleibt beim Patienten nach dem Eingriff oftmals ein hölzernes Gangbild und es sind nach der Versteifung keine weiteren Korrektureingriffe am Sprunggelenk mehr möglich.

Im Vergleich dazu ermöglicht die Versorgung mit einer Sprunggelenksprothese dem Patienten eine wesentlich schnellere Rückkehr zur normalen Bewegung, der natürliche Abrollvorgang ist weiterhin möglich und es bestehen auch nachträglich noch Korrekturmöglichkeiten am Sprunggelenk. Die Gelenkversteifung bleibt allerdings weiterhin eine wichtige therapeutische Alternative bei schweren Gelenkzerstörungen mit knöchernen Substanzverlusten und Instabilitäten, sowie wenn eine endoprothetische Versorgung langfristig nicht erfolgreich war.

Vor der Entscheidung für ein Kunstgelenk oder eine Versteifung sollte sich der Patient durch den behandelnden Arzt umfassend über die Vor- und Nachteile beider therapeutischer Optionen informieren lassen. Der Arzt sollte dabei insbesondere über das Risikopotential und die Erfolgsaussichten beider Verfahren objektiv aufklären.

Einsatzgebiete: Wann kann ein künstliches Sprunggelenk implantiert werden?

Entscheidend für eine erfolgreiche Versorgung mit einer Sprunggelenksprothese sind eine gute Indikationsstellung, das Prothesendesign mit zementfreier Implantatverankerung, die Operationstechnik und eine adäquate Nachbehandlung.

Indikationen

Der Einsatz eines künstlichen Sprunggelenks kommt infrage, wenn bei einem Patienten folgende Faktoren gegeben sind:

1.Vorliegen eines schmerzhaft-entzündlich (Rheuma) oder arthrotisch veränderten Sprunggelenkes mit zumindest noch minimal erhaltener Gelenkfunktion

2. Guter Zustand von Knochen und Bändern am Sprunggelenk

3. Weitestgehend gerade Beinachse (O-/X-Achsabweichung unter 20 Grad)

4. Mögliche Achsfehlstellungen (O-/X-Achsabweichung) der Ferse müssen korrigierbar sein

5. Ausreichende Durchblutungsverhältnisse

Kontraindikationen

Nicht zum Einsatz kommen sollte ein künstliches Sprunggelenk bei Patienten, bei denen eine tiefgreifende Durchblutungsstörung des Sprungbeins (Talusnekrose) vorliegt, da hier der Knochengrund für die Verankerung der Prothese zu unsicher ist. Auch bei einer Zerstörung der Sprunggelenksgabel durch eine Instabilität der Bandverbindung ist die Versorgung mit einer Endoprothese keine geeignete Therapieoption.

Durchführung

Präoperative Diagnostik

Eine sorgfältige Planung im Vorfeld der Operation mit einer körperlichen Untersuchung und einer bildgebenden Diagnostik ist wesentlich, um kritische Risikofaktoren zu erkennen, Komplikationen zu vermeiden und zufriedenstellende Ergebnisse sicherzustellen.

Dabei werden in der Regel Röntgenaufnahmen des belasteten Fußes und Sprunggelenkes in zwei Ebenen, also aus zwei verschiedenen Richtungen angefertigt. Zusätzlich wird eine Kernspintomographie zur Beurteilung der Knochenqualität und der Durchblutung durchgeführt.

Wie sind die Prothesen aufgebaut?

Die heute verfügbaren modernen Sprunggelenksprothesen werden zementfrei im Knochen verankert. Sie sind aus drei Komponenten aufgebaut (siehe Abb. 1):

1. einer gerundeten Kappe für die Sprungbeinrolle

2. einer Platte für die Schienbeingelenkfläche

3. einem freibeweglichen Kunststoffgleitkern

Abb. 1: TARIC-Sprunggelenksprothese (Quelle: Implantcast GmbH)

Zwischen der anatomisch geformten Sprungbeinkappe (1) und einer flachen Unterschenkelbasisplatte (2) bewegt sich – frei zum Unterschenkel, geführt durch die Formgebung der Spungbeinkomponente ein Kunststoffgleitkern (3).

Operationstechnik

Während der Operation liegt der Patient in Rückenlage mit der Ferse an der Tischkante. Die Operation kann mit oder ohne Blutleere durchgeführt werden. Hierfür wird die Blutversorgung im Operationsgebiet vorübergehend unterbrochen. Mithilfe eines mittig verlaufenden Hautschnitts entlang von Unterschenkel, Sprunggelenk und Fußrücken verschafft sich operierende Arzt Zugang zum Sprunggelenk. Eine schonende Operationstechnik, die ohne größere Schädigungen des Gewebes auskommt, ist Grundvoraussetzung für eine komplikationslose Wundheilung. Wundheilungsstörungen sind jedoch gerade beim Rheumapatienten mit seinen dünnen, teilweise durch Voroperationen vorgeschädigten Weichteilen nicht selten. Insbesondere die Kombination aus Durchblutungsstörung und mehrfach voroperierten Sprunggelenken erweist sich häufig als besonders komplikationsträchtig.

Um den richtigen Sitz der Prothese zu überprüfen, wird während der Operation meist noch einmal eine Röntgenaufnahme angefertigt (intraoperative Durchleuchtungskontrolle).

Erfolgsaussichten

Die mittel- bis langfristigen Ergebnisse der aktuellen Drei-Komponenten-Prothesen sind sehr ermutigend. Die Zehn- bis Zwölf-Jahres-Überlebensraten der eingesetzten Endoprothesen liegen zwischen 80 und 95 Prozent.

Sowohl für Rheuma- als auch für Arthrosepatienten zeigen wissenschaftliche Studien gute klinische Ergebnisse und jeweils niedrige Komplikationsraten. Ein Austausch der Prothese (Revisionsoperation) ist in fünf bis 15 Prozent der Fälle notwendig.

Ob die Erfolgsaussichten bei einer Endoprothese im Vergleich zu einer Gelenkversteifung besser sind, dafür gibt es bisher keine eindeutigen Ergebnisse. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen für bei Operationsverfahren eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität nach einem Jahr, berücksichtigen dabei aber nicht die potentiell nachteiligen Auswirkungen einer Gelenkversteifung, die sich erst langfristig bemerkbar machen (siehe Einleitung).

Fazit

Bei Patienten mit schmerzhaft zerstörten Sprunggelenken rückt die Sprunggelenksprothetik heute zunehmend in den Versorgungsschwerpunkt. Der erfolgreiche Einsatz eines künstlichen Sprunggelenks erfordert eine sorgfältige Indikationsstellung, eine exakte Operationstechnik unter Verwendung moderner Implantate mit zementfreier Fixierung und eine adäquate Nachbehandlung. Zu dieser gehören Maßnahmen wie eine frühzeitige Krankengymnastik, Lymphdrainage und eine Gehschulung.

Die Gelenkversteifung bleibt eine wichtige Behandlungsalternative bei schweren Gelenkzerstörungen sowie wenn eine endoprothetische Versorgung langfristig nicht erfolgreich war.

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Hinweise für Patienten

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