Hyaluronsäure-Therapie

In der Orthopädie wird die Hyaluronsäure-Therapie vor allem bei einer Arthrose der Kniegelenke eingesetzt. Sie soll die Gelenkmechanik verbessern und insbesondere die Schmerzen reduzieren. Dabei wird die Hyaluronsäure unter keimfreien (aseptischen) Bedingungen direkt in das Gelenk gespritzt (intraartikuläre Injektion). Die Indikation für ihre Anwendung sollte gemäß den aktuellen Leitlinien zur Therapie der Arthrose gestellt werden.

Einsatzgebiete

Die Hyaluronsäure-Therapie dient in der Regel der symptomatischen Behandlung einer Kniearthrose, die mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen einhergeht. Seltener dagegen wird die Arthrose in Hüfte, Schulter oder oberem Sprunggelenk durch eine intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure therapiert.

Präparate

Hyaluronsäure-Präparate werden in Deutschland meistens als Medizinprodukte vermarktet und unterscheiden sich hinsichtlich Ursprung, Herstellungsmethode, Aufbau, durchschnittlicher Molekülmasse und weiteren Inhaltsstoffen. Aufgrund dessen können Hyaluronsäure-Produkte nicht in einzelnen Klassen zusammengefasst werden. Es gibt momentan zu wenig vergleichende Studien, um eine Empfehlung für das eine oder das andere Präparat auszusprechen [4,8].

Wirkprinzip

Hyaluronsäure ist ein natürlicher Bestandteil des Bindegewebes und der Gelenkflüssigkeit. Sie ist ein aus wiederkehrenden Disacchariden (D-Glucuronsäure und N-Acetyl-D-glucosamin) aufgebautes, großes, lineares und langkettiges Glykosaminoglykan, das in der Gelenkflüssigkeit in einer Konzentration von 2-4 mg/ml vorkommt und mit Molekülmassen in einem breiten Bereich bis zu circa 4,5 Mio. Dalton nachgewiesen wurde [5]. Die linearen Ketten der Hyaluronsäure sind im Falle des Hylan noch quervernetzt, sodass auch höhere Molekülmassen von bis zu circa 6 Mio. Dalton erreicht werden. Die Halbwertszeit der Hyaluronsäure-Präparate ist von der molekularen Masse der Präparate abhängig und liegt im Bereich von 17 und 60 Stunden [3].

Die Kräfte, die auf ein Gelenk wirken, nehmen unter Belastung stark zu. Die Hyaluronsäure hilft den Gelenken dabei, diesen Belastungen standzuhalten, indem sie gemeinsam mit weiteren Bestandteilen der Gelenkflüssigkeit (Lubricin, Phospholipide, Wasser) die Reibung im Gelenk reduziert [5, 6, 9]. Hyaluronsäure hat eine Reihe von weiteren Funktionen im Gelenk. So ist sie zum Beispiel in der Lage, relativ zu ihrer Masse große Mengen an Wasser zu binden. Außerdem ist sie an der Bildung großer Proteoglykane (Aggrekan) im Gelenkknorpel beteiligt.

Die Injektion von Hyaluronsäure-Präparaten in das Gelenk erfolgt heute mit dem Ziel, die aufgrund der Arthrose in verringerter Konzentration vorliegende körpereigene (physiologische) Hyaluronsäure der Gelenkflüssigkeit zu ersetzen. Das Konzept, physiologische Hyaluronsäure zu ergänzen, wird auch „Viskosupplementation“ genannt. Hierdurch sollen die Schmerzen reduziert und die Beweglichkeit wieder verbessert werden. Obwohl erste Studienergebnisse teilweise ermutigend sind, konnte eine knorpelschützende Wirksamkeit der Hyaluronsäure in klinischen Studien bisher nicht belegt werden.

Unerwünschte Wirkungen

Insgesamt wurden bei Patienten, die sich an Studien zur Hyaluronsäure-Therapie beteiligt haben, weniger Studienabbrüche aufgrund unerwünschter Wirkungen festgestellt als bei Patienten mit oralen Therapien (zum Beispiel mit Paracetamol oder nichtsteroidalen Antirheumatika) [1]. Auch hat die intraartikuläre Hyaluronsäure-Injektion andere unerwünschte Wirkungen als die oralen Behandlungsoptionen [1, 10]. Zu den unerwünschten Wirkungen nach dem Spritzen von Hyaluronsäure gehören Gelenkreaktionen, die normalerweise mild und moderat sind und nur geringe Knieschmerzen, Rötungen und Schwellungen im Gelenkbereich verursachen. Sie sind durch Schonung, Auflegen eines Eisbeutels für fünf bis zehn Minuten und Schmerzmittel gut zu therapieren. Die Beschwerden bestehen normalerweise nur einige Tage. Selten sind örtliche oder allgemeine Überempfindlichkeitsreaktionen.

Durchführung

Die Hersteller der Hyaluronsäure-Präparate geben in ihren Fachinformationen unterschiedliche Injektionshäufigkeiten an, wobei präparateabhängig zwischen einer und fünf intraartikuläre Injektionen in wöchentlichem Abstand notwendig seien. Wiederholte Behandlungszyklen sind bei Bedarf möglich, wobei Arzt und Patient bei einem Abstand der Behandlungszyklen von weniger als sechs Monaten gemeinsam über andere mögliche Therapien nachdenken sollten. Die Dosierung ist je nach Präparat unterschiedlich und richtet sich nach den Angaben der Fachinformation. Die Durchführung hat unter Einhaltung strenger keimfreier (aseptischer) Bedingungen zu erfolgen. Häufig wird das Kniegelenk aufgrund der anatomisch leichten Zugänglichkeit des Gelenkspaltes behandelt, seltener dagegen die Hüfte, die Schulter oder das obere Sprunggelenk. Die meisten Studienergebnisse liegen somit für das Kniegelenk vor. Die Behandlungskosten werden normalerweise nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Erfolgsaussichten

Seit mehreren Jahrzehnten wird Hyaluronsäure zur symptomatischen Therapie der Arthrose unterschiedlicher Gelenke eingesetzt. Trotz einer Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen ist die Wirksamkeit dieser Therapieform in der Literatur nach wie vor umstritten. Eine relevante Schmerzhemmung wird in neueren und hochwertigen Metaanalysen beschrieben [1, 2, 7]. Die schmerzlindernde Wirkung tritt verzögert ein und kann über sechs Monate anhalten.

Literatur und weiterführende Links

1. Bannuru RR, Schmid CH, Kent DM, Vaysbrot EE, Wong JB, McAlindon TE. Comparative effectiveness of pharmacologic interventions for knee osteoarthritis: A systematic review and network meta-analysis. Ann Intern Med. 2015;162:46-54.

2. Bannuru RR, Natov NS, Dasi UR, Schmid CH, McAlindon TE. Therapeutic trajectory following intra-articular hyaluronic acid injection in knee osteoarthritis-meta-analysis. Osteoarthritis Cartilage 2011; 19:611-9

3. https://www.arznei-telegramm.de/register/0204039.pdf (Abgerufen am 20.11.2017).

4. Jüni P, Reichenbach S, Trelle S, Tschannen B, Wandel S, Jordi B, Züllig M, Guetg R, Häuselmann HJ, Schwarz H, Theiler R, Ziswiler HR, Dieppe PA, Villiger PM, Egger M; Swiss Viscosupplementation Trial Group: Efficacy and safety of intraarticular hylan or hyaluronic acids for osteoarthritis of the knee: a randomized controlled trial. Arthritis Rheum. 2007 Nov;56(11):3610-9.

5. Kosinska MK, Ludwig TE, Liebisch G, Zhang R, Siebert HC, Wilhelm J, Kaesser U, Dettmeyer RB, Klein H, Ishaque B, Rickert M, Schmitz G, Schmidt T, and Steinmeyer J. Articular joint lubricants during osteoarthritis and rheumatoid arthritis display altered levels and molecular species. PLoS One 2015;10(5):e0125192.

6. Kwiecinski JJ, Dorosz SG, Ludwg TE, Abubacker S, Cowman MK, Schmidt TA. The effect of molecular weight on hyaluronan`s cartilage boundary lubricating ability – alone and in combination with proteoglycan 4. Osteoarthritis Cartilage 2011;19(11):1356-62.

7. Miller LE, Block JE. US-approved Intra-articular hyaluronic acid injections are safe and effective in patients with knee osteoarthritis: Systematic review and meta-analysis of randomized saline-controlled trials. Clin Med Insights Arthritis Musculoskelet Disord. 2013; 6: 57-63.

8. Petrella RJ, Decaria J, Petrella MJ: Long term efficacy and safety of a combined low and high molecular weight hyaluronic acid in the treatment of osteoarthrtitis of the knee. Rheumatology Reports 2011, Volume 3, e4, 16-21.

9. Seror J, Zhu L, Goldberg R, Day AJ, Klein J. Supramolecular synergy in the boundary lubrication of synovial joints. Nat Commun 2014; 6:6497.

10. Steinmeyer J, Konttinen Y. Oral treatment options for degenerative joint disease – presence and future. Adv Drug Del Rev 2006;58:168-211.

Weiterführende Links

Aktuelle medizinische Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften)

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
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Umstrittene Wirksamkeit
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