Hüftdysplasie und Hüftluxation

Bei der Hüftdysplasie bzw. Hüftluxation handelt es sich um eine angeborene Deformität des Hüftgelenks. Das Gelenk besteht aus Hüftkopf (am Oberschenkelknochen) und Hüftgelenkpfanne (Teil des Beckens). Während bei einer Dysplasie eine Reifungsstörung der Pfanne vorliegt, steht bei einer Luxation der Hüftkopf nicht korrekt in der Gelenkpfanne.

Häufigkeit

Hüftdysplasie und -luxation kommen abhängig von der geographischen Region bzw. der Volksgruppe in unterschiedlichem Ausmaß vor. In den letzten Jahrzehnten zeigt sich generell eine Abnahme der Erkrankung. Historische Studien geben für Mitteleuropa Dysplasieraten von circa zwei bis vier Prozent und Luxationsraten von circa 0,5 bis ein Prozent an [1]. Weltweit sind Mädchen viermal häufiger als Jungen von einer Hüftdysplasie oder -luxation betroffen.

Ursachen

Viele Faktoren, wie zum Beispiel genetische, mechanische oder hormonelle, spielen bei der Entstehung von Hüftdysplasie und -luxation eine Rolle. Risikofaktoren sind unter anderem die Betroffenheit eines nahen Verwandten, das Bestehen einer anderen Skelettanomalie, weibliches Geschlecht sowie verschiedene Faktoren im Hinblick auf die Schwangerschaft, die das Auftreten einer Dysplasie oder Luxation beim Neugeborenen begünstigen können. Hierzu zählen Beckenend- oder Steißlage des Kindes, Fruchtwassermangel und Erstgeburt.

Symptome und Verlauf

Mögliche Symptome beim Neugeborenen bzw. Säugling sind eine Abspreizbehinderung bzw. Abspreizhemmung des Hüftgelenkes, eine Beinlängendifferenz, eventuell andere Skelettfehlbildungen, auffällige Stabilitätstests (zum Beispiel Ortolani-Test) und Bewegungsarmut bzw. asymmetrische Bewegungen der Beine. Auch eine Asymmetrie der Gesäß- und Oberschenkelfalten kann ein Hinweis sein, ist aber nicht beweisend.

Eine Reifungsstörung der Gelenkpfanne oder eine beidseitige Hüftgelenkluxation können im Rahmen einer alleinigen klinischen Untersuchung beim Säugling unter Umständen sogar übersehen werden. Gangbildauffälligkeiten oder Hüftgelenkbeschwerden im jugendlichen oder jungen Erwachsenenalter führen die Patienten dann zum Arzt.

Unbehandelt führt eine Hüftdysplasie zu frühem Gelenkverschleiß (Arthrose).

Diagnose

Die Diagnosestellung erfolgt im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung der Hüftgelenke (Säuglingssonographie). Diese ist bei Säuglingen möglich, da der Hüftkopf aus Knorpel und noch nicht aus Knochen besteht. Die Ultraschallwellen können den knorpeligen Hüftkopf durchdringen und die dahinterliegende Hüftpfanne kann beurteilt werden. Die Hüftultraschalluntersuchung findet in Deutschland routinemäßig im Rahmen der U3-Untersuchung (in der vierten bis fünften Lebenswoche) statt. Sind Risikofaktoren bekannt, bieten Geburtskliniken diese Untersuchung zum Teil auch schon früher an. Das Hüftscreening erfolgt nach den von Prof. Reinhard Graf Anfang der 1980er-Jahre entwickelten Kriterien [2]. Hierbei wird das Aussehen des Hüftgelenkes beurteilt und es wird anhand des α- und β-Winkels ein Hüfttyp nach Graf festgelegt. Es werden die Typen I-IV, mit diversen weiteren Untertypen, unterschieden. Beim Typ I handelt es sich um ein normal entwickeltes und ausgereiftes Hüftgelenk.

Etwa ab dem zehnten bis zwölften Lebensmonat verknöchert der Hüftkopf zunehmend. Dann ist zur Feststellung einer Hüftdysplasie oder -luxation ein Röntgenbild erforderlich und Mittel der Wahl.

Abb. 1: Röntgen – Beckenübersichtsaufnahme mit altersentsprechendem Normalbefund links und ausgeprägter Hüftdysplasie rechts. Die Hüftgelenkpfanne ist sehr steil und der Hüftkopf ist dezentriert. (Quelle: Dr. Patricia Senghaas)

Therapie

Die Behandlung erfolgt abhängig vom Alter des Kindes und von der Ausprägung des Befundes. Grundsätzlich gibt es konservative, das heißt nichtoperative Therapieoptionen sowie Operationen.

Konservative Therapie

Hierbei unterscheidet man Ausreifungsbehandlung, Reposition und Retention.

Eine Ausreifungsbehandlung ist erforderlich, wenn der Hüftkopf in der Gelenkpfanne steht, aber die Gelenkpfanne nicht altersentsprechend entwickelt ist. Durch die Behandlung in definierter Hüftbeugung und -abspreizung kommt es zur Nachreifung der Hüftgelenkpfanne. Üblicherweise wird hierfür die von Bernau entwickelte Tübinger Schiene genutzt.

Abb. 2: Tübinger Hüft-Beuge-Schiene zur Behandlung einer Hüftdysplasie bei Neugeborenen (Quelle: Bgo/Wikimedia Commons)

Steht der Hüftkopf nicht in der Pfanne, sind zunächst Methoden zur Einrenkung (Reposition) notwendig.

Hierzu eignet sich die Riemenbandage nach Pavlik. Diese ist so konstruiert, dass sich durch Strampelbewegungen des Kindes in der Pavlikbandage die Hüftgelenke spontan einrenken. Falls dies nicht gelingt oder das Kind zu alt dafür ist, gibt es die Möglichkeit der Extension. Dabei kommt es durch Zug an den Beinen, entweder in Längsrichtung („Längsextension“) oder mit einer speziellen Apparatur in Hüftbeugung und zunehmender Abspreizung („Overheadextension“), in den meisten Fällen zu einer spontanen Einrenkung.

Sobald der Hüftkopf zentriert in der Gelenkpfanne steht, ist die Retention angezeigt. Durch Schienen- oder Gipsbehandlung wird der Hüftkopf dabei in der Pfanne gehalten, sodass sich eine stabile Gelenksituation entwickeln kann. Die gebräuchlichste Methode ist der Fettweisgips [3]. Dabei handelt es sich um einen Becken-Bein-Gips in Sitz-Hockstellung. Vorteil des Gipses ist, dass er die Hüftgelenke in optimaler Stellung hält und durch die Eltern nicht abgenommen werden kann. Im Anschluss an die Gipsbehandlung ist zur weiteren Nachreifung und Stabilisierung der Situation eine Schienenbehandlung erforderlich. Zumeist wird die relativ einfach zu handhabende, bereits oben genannte Tübinger Schiene genutzt.

Operative Therapie

Gelingt es durch konservative Maßnahmen nicht, ein zentriertes und ausgereiftes Hüftgelenk herzustellen, ist eine Operation erforderlich. Auch hier gibt es abhängig vom Alter des Kindes und von der Ausgangssituation unterschiedliche Methoden. Unter Umständen müssen diese Methoden auch miteinander kombiniert werden.

Steht der Hüftkopf bei einer Hüftluxation nicht in der Pfanne, muss eine offene Einstellung erfolgen (operative Einrenkung des Hüftkopfes unter Sicht). Hierbei werden eventuelle Repositionshindernisse, die eine Einstellung des Hüftkopfes in der Pfanne verhindern, beseitigt. Zudem müssen die erweiterte Gelenkkapsel gerafft und zum Teil einzelne Muskeln verlängert werden. Steht der Hüftkopf weit von der Pfanne entfernt, wird zusätzlich der Oberschenkelknochen verkürzt.

Zur Verbesserung der Hüftkopfüberdachung muss eine Korrektur im Bereich der Hüftpfanne, also im Bereich des Beckens, vorgenommen werden. Die Pfanne ist im Falle einer Hüftdysplasie bzw. Hüftluxation steiler und zum Teil auch kürzer als beim normal entwickelten Hüftgelenk. Befund- und altersabhängig bieten sich verschiedene Beckenosteotomien (Osteotomie = Durchtrennung eines Knochens) an. Gebräuchlich sind unter anderem die Azetabuloplastik (Azetabulum = Pfanne) nach Dega oder Pemberton, die Beckenosteotomie nach Salter, die periazetabuläre oder auch die Tripleosteotomie. (Verweis auf „Methode“ Beckenosteotomien).

Gelenkverbessernde operative Maßnahmen sind nicht nur wie oben genannt auf Seiten des Beckens möglich, sondern auch auf Seiten des Oberschenkelknochens. Dieser Knochen wird hüftgelenksnah so durchtrennt, dass sich die gewünschte Korrektur erzielen lässt. Eine häufige Methode ist hier die intertrochantäre Varisations-/Derotationsosteotomie.(Verweis auf „Methode“ Osteotomien am Femur). Damit der Knochen in der gewünschten Stellung verheilen kann, muss eine Platte eingebracht werden, die nach etwa einem Jahr in einer kleineren Operation wieder entfernt wird.

Falls bereits ein Verschleiß des Hüftgelenkes in Verbindung mit ausgeprägten Beschwerden vorliegt, ist unter Umständen auch schon im jungen Erwachsenenalter eine Hüftgelenksendoprothese erforderlich.

Wichtig ist, dass jede behandelte Hüfte bis zum Wachstumsabschluss in regelmäßigen Abständen mittels Röntgenaufnahme kontrolliert wird, da es in einigen Fällen wieder zu einer Befundverschlechterung kommen kann.

Literatur und weiterführende Links

1.  Tönnis, D.: Die angeborene Hüftdysplasie und Hüftluxation. Heidelberg: Springer, 1984; S.60-3.

2. Graf, R.: Fundamentals of sonographic diagnosis of infant hip dysplasia. J Pediatr Orthop, 1984; 4: 735-40.

3. Fettweis, E.: Sitz-Hock-Stellungsgips bei Hüftgelenkdysplasien. Arch Orthop Trauma Surg, 1968; 63: 38-51.

Hinweise für Patienten

Dieser Lexikoneintrag enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.

Off-Label-Use
Hinweis: Die Anwendung des oder der oben genannten Arzneimittel ist für die aufgeführten Indikationen eventuell nicht offiziell zugelassen. Es handelt sich in diesem Fall um einen sogenannten Off-Label-Use des Präparates, der von gesetzlichen oder privaten Krankenkassen oder Beihilfen in der Regel nicht erstattet wird.
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Umstrittene Wirksamkeit
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